Fehlfarben live in Hamburg 2023

Fehlfarben live Hamburg 2023 Fabrik by Niko Schmuck Sounds & Books

„Platz da“: Fehlfarben sind wieder unterwegs. Am 22.11.2023 war die Düsseldorfer Band in der Hamburger Fabrik zu Gast

Text von Gérard Otremba, Fotos von Niko Schmuck

Nach der 2022-Tour zum im letzten Jahr bei Tapete Records veröffentlichten Album „?0??“ setzen Fehlfarben ihre Tournee 2023 fort. Nach Gigs in Wuppertal und Rüsselsheim zum November-Beginn beehrte die Kultband am 22.11.2023 die Hamburger Fabrik. Vor circa 300-400 Zuschauern standen dabei neben den neuen Stücken vor allem Songs aus dem 1980 erschienenen Meilenstein deutscher Popgeschichte, „Monarchie und Alltag“ im Fokus des 90-minütigen Auftritts. Die ein Jahr zuvor in Düsseldorf gegründete Formation um Sänger Peter Hein, 2023 mit Kurt Dahlke am Keyboard, Bassist Michael Kemner, Schlagzeugerin Saskia von Klitzing, Frank Fenstermacher an Keyboard, Saxophon und Melodica sowie Thomas Schneider an der Gitarre auftretend, ließen zwar ihren bekanntesten Song „Ein Jahr (es geht voran)“ weg, bot

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jedoch eineinhalb Stunden lang beste Unterhaltung.

Peter Hein und die Tickets für das eigene Konzert

Nachdem die Berliner Vorband Die Expressionisten, bestehend aus Sänger und Gitarrist Diego Castro (Black Heino, Mutter), Bassist Wieland Krämer und Stefan Widdess an Schlagzeug und Backing Vocals mit einer Mischung aus Power-Pop sowie Garage-Punk-Surf-Psychedelic-Indie-Rock schon mal gut vorgelegt hatte, spielten Fehlfarben in den ersten 40 Minuten des Hamburg-Konzerts Lieder des neuen Album wie „In die Welt gestellt“, „Stolz?“, „Der letzte Traum“ und „Das Rennen macht müde“, dazu Songs jüngeren Datum wie „Das Komitee“ und „Platz da“. Peter Hein, der auch mit 66 Jahren immer noch über eine formidable Frontmann-Präsenz verfügt, hatte die Lacher auf seiner Seite, als er in einer seiner Ansprachen seine schwindende Popularität beklagte, nachdem ihm jemand vor der Fabrik Tickets für das Konzert angeboten hatte. Das sei ihm soweit das zweite Mal in seinem Leben passiert.

Das Fehlfarben-Debüt „Monarchie und Alltag

In der zweiten Hälfte des Konzerts konzentrierten sich Fehlfarben auf Stoff des besagten Debüts „Monarchie und Alltag“. Ein „Grauschleier“ legte sich also über die Stadt, Fehlfarben katapultierten uns in eine Welt der Übergangsphase zwischen 70er- und 80er, als die Frühform der Neuen Deutschen Welle entstand, ein Amalgam aus Punk, Post-Punk und New Wave, der mit schnelleren und härten Tönen und provozierenden Texten den deutschen Pop revolutionierte. DAF tanzten den Adolf Hitler, den Mussolini und Jesus Christus in einem Song („Der Mussolini“) und Düsseldorf war der Hotspot des neuen Treibens. Nicht von Ungefähr erwähnte Hein den verstorbenen DAF-Kollegen Gabi Delgado, der maßgeblichen Anteil an dem ebenfalls gespielten „Militürk“ („Deutschland, Deutschland, alles ist vorbei“) hatte.

Fehlfarben spielten fast das komplette „Monarchie und Alltag“-Album (was sie 2017 zur Jubiläumsfeier von Tapete Records im Knust in richtiger Reihenfolge tatsächlich mal taten, Sounds & Books berichtete), darunter auch „Paul ist tot“, ihren wahrscheinlich besten Song, und mit der letzten Zugabe „InnenStadtFront“ ging es für Hein noch etwas weiter in die Vergangenheit, der diesen Song für seine frühere Band Mittagspause schrieb. Unter großem Applaus verschwand die Band in den Backstagebereich. Immer noch aufregend, die Fehlfarben.  

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